Dec 282022
Reis

Hunger ist eine Realität in Malawi. Die Menschen sind sehr arm. Pastor Shaba Killion hat auf einem Gelände hinter der Gemeinde schon 200 Bananenbäume gepflanzt. Und Guavenbäume. Aber das allein wird nicht reichen. Es ist nicht genug, um sich selbst zu versorgen und um nicht von Programmen der Regierung abzuhängen. Was also liegt näher, selbst Farmer zu werden und zum Beispiel Reis anzupflanzen?

Als Shaba mir den Plan verrät, bin ich erst mal sprachlos. Aber es ist einfach nur logisch. Was braucht es? Ein Stück Land. 10 acres, 16 acres? Warum nicht 20 acres, also etwa 8 ha?

Ok, Land. Sehr schön. Was dann? Das Land muss bearbeitet werden. 8 ha gräbt man nicht eben so um, also braucht es einen Traktor. So einen Traktor hat man nicht in der Garage stehen, aber man kann ihn leihen oder mieten.

Die Arbeit ist schwer, aber man scheint auch Spaß dabei zu haben.

Natürlich braucht ein Traktor Diesel. 🚜 Shaba braucht etwa 200 Liter Diesel. Diesel wird importiert, und ist daher teuer und knapp. Es gibt einen regulären Markt, also ⛽️ Tankstellen, und einen Schwarzmarkt. Die Menschen stehen schon mal einen oder zwei Tage an der Tankstelle und warten darauf, dass sie tanken können. Der reguläre, staatliche (?) Preis ist etwa 2 Euro pro Liter. Auf dem Schwarzmarkt zahlt man 3 Euro oder mehr. Angebot und Nachfrage.

Der Traktor muss fahren, der Dieseltank muss gefüllt werden, also sende ich Geld per Remitly. Es ist einfach notwendig. Wenn das Projekt erfolgreich ist, kann es sich selbst tragen. Damit es erfolgreich ist, muss man investieren. Auch das eigentlich wieder nur kleines Geld. Und doch für einen Einzelnen, oder in dem Fall meine Familie doch nicht ganz ohne. Doch was kann ich tun?

Natürlich muss man auch essen. Es gibt Msima mit Fisch.

Das Feld wird beackert, das Land wird urbar gemacht, die Felder werden angelegt. Jede Parzelle ungefähr 10 mal 10 Meter groß. Ich bin kein Bauer, nur ein Hobbygärtner. Aber dass es viel Arbeit ist, weiß ich. Für ein Feld dieser Größe braucht man viele Arbeiter. Mir fällt das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg ein.

Nun, da die Felder vorbereitet sind, muss Reis her. Shaba holt den Reis in einem großen Lager ab.Es sind 300 kg.

Dann beginnt das Aussäen. Bei Reis, dachte ich immer, benötigt man viel Wasser. Aber Shaba und die Arbeiter streuen den Reis einfach in die Erde. Nicht, dass ich Shaba nicht zutrauen würde, er wisse, was er tue, aber ich frage ihn trotzdem, ob er Farmer gelernt hat. Er sagt, nein. Das hilft nicht, mich wirklich zu überzeugen. Andererseits ist er auf dem Land und da leben Bauern. Die machen das seit ewigen Zeiten. Wirklich?

Nach wenigen Tagen sieht man tatsächlich, dass der Reis spriesst. Es hat inzwischen geregnet, was sicherlich für das Wachstum von Pflanzen hilfreich ist. Ich habe immer noch keine Ahnung, aber ich freue mich, wenn ich sehe, dass so viele Arbeiter auf den Feldern sind.

Der Reis spriesst weiter und Shaba spricht davon, dass er jetzt umgepflanzt werden muss. Es gibt Felder, die näher am Fluss liegen und daher macht es auch für mich Sinn, die Reistriebe oder Sprossen in diese Feuchtgebiete umzusetzen. Das Bild stimmt jetzt für mich.

Das ist eine Menge Arbeit. Die Pflanzentransplantation wird auch noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Etwa 20 Arbeiter (und ja, auch Arbeiterinnen) arbeiten auf den Feldern.

Shaba sagt mir, dass das Pflanzen bis Mitte Januar beendet ist. Nun muss auch Unkraut ausgerissen werden. Das ist eine Menge Arbeit. Aber anders als in der industriellen Produktion, wo man mit Pestiziden und Chemiekeule arbeiten würde, ist das hier echte Handarbeit. Die Handarbeit der Arbeiter muss allerdings auch bezahlt werden. Ein Arbeiter verdient pro Tag etwa 2000 MWK, Malawi Kwacha. Der Kurs Malawi Kwacha, MWK zu Euro liegt bei ca 1:1000. Also verdient ein Arbeiter ca. 2 Euro am Tag.  Das hört sich nicht nur wenig an, das ist wenig. Es entspricht aber in Malawi der üblichen Bezahlung.

20 Arbeiter kosten also 40 Euro am Tag. Je nach Wechselkurs auch etwas weniger. Ich schicke Shaba also immer wieder Geld, damit die Arbeiter zufrieden sind. Die Bezahlung muss zeitnah erfolgen, sonst können die Arbeiter ihre Familien nicht ernähren. Andererseits glaube ich auch, weil ich das von anderen Ländern des Südens gehört habe, wie etwa Südafrika, dass die Arbeitsmoral hier eine andere ist, als wir es in Europa gewohnt sind. Zu viel Geld könnte dazu führen, dass die Arbeiter nicht mehr kommen würden.

Einerlei. Ich rechnete die Löhne hoch und kam auf 720.000 MWK. Ein weiterer Posten. Shaba fragte nicht nach Geld, aber ich tat es. Ich möchte, dass das Projekt erfolgreich ist. Das ist kein Ego-Ding. Und ich bin nicht in der Rolle des Wohltäters. Für mich ist es der Wille des Herrn. Für andere mag es komisch oder spooky klingen. Ich glaube daran, dass die Arbeit, die in Malawi geschieht, die Arbeit ist, die in christlichen Gemeinden und auch in “weltlichen” Gemeinden genau so gemacht werden muss.

Shaba und wir sind über Jesus verbunden. Unsere Liebe zu Jesus, aber auch zu Israel hat einen geistlichen Ursprung. Wir bauen am Königreich Gottes. Aber selbst wenn die Arbeit, die hier geleistet wird, nur im Sinne der Gemeinschaft geleistet wird, ist es nicht weniger wertvoll. Es ist Nächstenliebe, wenn die Gemeindeleiter sich um sehr reale Dinge kümmern, wie den Hunger und andere Bedürfnisse.

Shaba hat auch gesagt, dass er mit anderen Dorfgemeinden, den Ältesten darüber gesprochen hat, dass sie Genossenschaften gründen sollen, denn die Arbeit die einer leistet oder die viele leisten, kann einen Unterschied machen.